© Heidelberg Marketing / Steffen Schmid

Orte jüdischen Lebens 

in Heidelberg

Die Judengasse mit dem Judentor

(heute Dreikönigsstraße)

Gedenkplatte Judentor am unteren Ende der Dreikönigsstraße© Steffen Schmid / Heidelberg Marketing GmbH
Gedenkplatte Judentor am unteren Ende der Dreikönigsstraße

Die Dreikönigstraße führt durch das ehemalige „Judentor“ bergan zur Hauptstraße. Das Tor regelte den Zugang zu dem Gässchen, das bis 1832 Judengasse hieß. Sie wurde in die Dreikönigstraße umbenannt, weil hier unter dem alten Namen sich niemand mehr einmieten wollte.

Die Anwohner waren wahrscheinlich mit dem Betrieb des Judentores, das sich zum Neckar hin öffnete, betraut gewesen. An dieser doch sehr wichtigen Aufgabe kann man die zeitweise Akzeptanz und Wertschätzung ablesen, die der jüdischen Gemeinde entgegengebracht wurden. Denn ein solches Tor in Richtung Fluss war ungemein wichtig für den Warenverkehr und auch für die Sicherheit in der mittelalterlichen Stadt.

Eine Hinweistafel am Ende der Dreikönigstrasse hält die Erinnerung an das im 18. Jahrhundert abgebrochene Judentor bis zur Gegenwart wach.

Jacob Israel, 1621 bis 1674, Jude, deutscher Arzt, Stadtphysikus und Professor in Heidelberg
Jacob Israel (1621-1674), Jude, deutscher Arzt, Stadtphysikus und Professor in Heidelberg

Das Haus mit der Hausnummer 10 trägt den Spitznamen "Judenschule". Es hatte sehr unterschiedliche Bewohner und Nutzungen, u.a. war hier ein Betsaal und eine normale Schule untergebracht, jedoch keine Schule alleine für Juden.

Gelebt hat hier u.a. Jacob Israel (1621 – 1674), der 1651 als Stadtphysikus, also Stadtarzt, für die öffentliche Gesundheit und Hygiene in Heidelberg zuständig war.

Im Dezember 1652 wurde er von Kurfürst Karl Ludwig zum Professor an der Heidelberger Universität ernannt. Er lehrte Physiologie, Anatomie und Chirurgie, ab 1672 dann Medizinische Praxis, Pathologie und Pharmazeutik. Im Jahre 1658 bekleidete er das Amt des Prorektors der Universität sowie in den Jahren 1662, 1670 und 1673 das des Rektors.

Er ist der einzige Jude, der in der Neuzeit, ohne zu konvertieren, Professor und sogar Rektor an einer deutschen Universität wurde.

Gedenkplatte zur Erinnerung an die Bücherverbrennung auf dem Universitätsplatz

In Heidelberg gab es nicht eine Bücherverbrennung, sondern zwei – und immer an einem 17.: Erstmals brannten am 17. Mai 1933 die Bücher missliebiger Autoren und noch einmal am 17. Juli. Jedes Mal, so berichten Zeitzeugen, muss es eine Art Volksfest auf dem Universitätsplatz gewesen sein, das "Heidelberger Tagblatt" beschrieb die Stimmung als "pfälzische Ausgelassenheit": Es gab sogar einen richtigen Scheiterhaufen, in den die Bücher geworfen wurden. Es machte nicht nur die NS-Studentenschaft mit, sondern auch viele Burschenschaftler – deren Vereine wurden erst im darauffolgenden Jahr aufgelöst; die anwesenden Professoren hielten sich mit Reden zurück, schritten aber auch nicht dagegen ein.

Am 17. Mai 2011 wurde zwischen Alter und Neuer Universität – im Beisein von 112 ehemaligen jüdischen Bewohnern Heidelbergs – eine Gedenkplatte an die Bücherverbrennung enthüllt.

Sie trägt als Inschrift ein Lessing-Wort: "Was einmal gedruckt ist, gehört der ganzen Welt. Niemand hat das Recht, es zu vertilgen."

Synagogen in Heidelberg

Die erste Synagoge

Mitte des 14. Jahrhunderts entstand die Synagoge der mittelalterlichen Gemeinde in der Dreikönigstraße 25/Ecke Untere Straße (an der Stelle des heutigen Gebäudes Untere Straße 24). Sie hatte in ihrem Inneren eine Ausdehnung von 8,4 mal 14 m und war vermutlich als Saalbau konzipiert. Zu ihr gehörten ein ummauerter Vorhof, ein Garten sowie ein weiteres Gebäude.

Kurz nach der Vertreibung der Juden im September/Oktober 1390 unter Ruprecht II. wurde die Synagoge in einem feierlichen Gottesdienst am 2. Weihnachtstag (26. Dezember 1390) vom Wormser Bischof zu einer Kirche zur Ehre Gottes, Maria und des Heiligen Stephanus geweiht. Sie war lange Zeit die Universitätskapelle und das Auditorium der Theologischen und Juristischen Fakultät, später auch der Medizinischen Fakultät. 1689 ist die Kapelle bei der Zerstörung Heidelbergs im Pfälzischen Krieg niedergebrannt.

Die zerstörte Heidelberger Synagoge

Am 12. April 1878 wurde die damals neue Synagoge in der Großen Mantelgasse auf dem heutigen Synagogenplatz eingeweiht. Gleich neben der Synagoge befand sich das Gemeindehaus.

In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten in Brand gesetzt. Die Synagoge wurde völlig zerstört. Die aus der Synagoge entwendeten Torarollen und die rituellen Gegenstände wurden auf das Polizeirevier gebracht. Nationalsozialistisch gesinnte Heidelberger Bürger und vor allem Studenten verbrannten diese etwa eine Woche nach der Zerstörung der Synagoge auf dem Universitätsplatz.

1978 wurde der zunächst als Parkplatz genutzte Synagogenplatz zu einem Park umgestaltet; eine weitere völlige Neugestaltung wurde 2001 vorgenommen. Seitdem sind der Grundriss und verschiedene Details der früheren Synagoge in der Pflasterung hervorgehoben. Auch ein Gedenkstein ist im Bereich des früheren Toraschreines aufgestellt worden. An der Nordwand des Hauses Große Mantelgasse 3 (ehemaliges Rabbinerhaus) wurden im Jahr 2004 Tafeln mit den Namen der 292 im Jahr 1940 aus Heidelberg nach Gurs deportierten Personen angebracht.

Die orthodoxe Synagoge

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich durch den Zuzug zahlreicher Juden aus Osteuropa auch eine orthodoxe Gemeinde („Verein gesetzestreuer Juden in Heidelberg“) gebildet; die offizielle Konstituierung erfolgte 1921. Sie besaß seit 1932 einen Betsaal in einem Hinterhaus in der Plöck. Dieser mit Hilfe von Spenden eingerichtete Synagogenraum bot ca. 50 Männern und 30 Frauen Platz; im Gebäude befand sich auch ein rituelles Bad.

Auch die orthodoxe Synagoge wurde am 10. November 1938 verwüstet, wurde jedoch wieder aufgebaut. Im Februar 1939 wurde die Synagoge auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgebrochen.

Die neue Synagoge in Heidelberg

Die Neue Synagoge in Heidelberg© Heidelberg Marketing / Steffen Schmid
Neue Synagoge in Heidelberg

Im Januar 1994 konnte die Gemeinde ein neues Gemeindezentrum mit einer Synagoge in der Häusserstraße in der Weststadt beziehen. Nach dem Entwurf des Architekten Alfred Jacoby war der Bau aus geometrischen Elementen komponiert, deren Mitte die kreisrunde Synagoge bildete.

Jüdische Friedhöfe in Heidelberg

Erster jüdischer Friedhof

Der Friedhof der mittelalterlichen Gemeinde befand sich vor dem Klingentor, zwischen Sandgasse und Theaterstraße an der Plöck; er wurde erstmals urkundlich im Jahre 1344 genannt und 50 Jahre später – im Zuge der Vertreibung durch Ruprecht II. von der Pfalz – zwangsaufgelöst, abgeräumt und eingeebnet.

Der jüdische Friedhof "Klingenteich"

Jüdischer Friedhof Klingenteich in Heidelberg© Heidelberg Marketing GmbH / Steffen Schmid
Jüdischer Friedhof Klingenteich in Heidelberg

Der alte jüdische Friedhof befindet sich an der Klingenteichstraße, gleich oberhalb des Klingentors in malerischer Umgebung. Er stammt aus dem Jahr 1701 und wurde bis 1876 als Beisetzungsstätte benutzt.

Das schmiedeeiserne Eingangstor zeigt eine Friedenstaube mit einem Palmzweig im Schnabel als Zeichen des Lebens, aber auch einen Arm mit Sichelschwert als Zeichen des Todes. Die hier Beigesetzten genießen nach ihrem Glauben Ruherecht bis zur Auferstehung. Deshalb dürfen die Gräber auch nicht verletzt werden.

Hier fanden nicht nur Juden aus Heidelberg, sondern auch aus der Umgebung, ihre letzte Ruhestätte. Die alten Gräber sind alle in hebräischer Sprache und Schriftzeichen geschrieben, die neueren sind zweisprachig (Hebräisch und Deutsch).

Der Friedhof ist bereits geschlossen, es finden keine Beerdigungen mehr statt und er ist nicht frei zugänglich.

Der jüdische Friedhof "Bergfriedhof"

Jüdischer Friedhof auf dem Bergfriedhof in Heidelberg
Jüdischer Friedhof auf dem Bergfriedhof in Heidelberg

Der Jüdische Friedhof auf dem Bergfriedhof In Heidelberg ist ein eigenständiger Friedhof und befindet sich im Eigentum der Jüdischen Kultusgemeinde.

Der Friedhof wurde im Jahr 1876 eröffnet und steht auch heute noch für Bestattungen zur Verfügung. Im Jahr 1904 erfolgte eine Erweiterung des Friedhofs in die höheren Hanglagen.

1907 schließlich wurde die Leichenhalle errichtet.

Der neue jüdische Friedhof in Handschuhsheim

Seit 2016 verfügt die jüdische Gemeinde Heidelbergs über einen neuen Friedhof in Handschuhsheim.

Da der Platz am jüdischen Teil des Bergfriedhofs knapp wurde, wurde ein 4.000 qm großes Gelände auf dem Friedhof in Handschuhsheim als neuer jüdischer Friedhof angelegt und im September 2016 geweiht.

Völkerkundemuseum der J. & E. von Portheim-Stiftung Heidelberg

Das Völkerkundemuseum VPST (von Portheim-Stiftung) im Palais Weimar geht auf das Jahr 1921 zurück; die erste Ausstellung war 1924 zu besichtigen.

1919 gründeten Victor und Leontine Goldschmidt, geb. von Portheim, die Josefine und Eduard von Portheim Stiftung für Wissenschaft und Kunst (J. & E. von Portheim-Stiftung), benannt nach Victor Goldschmidts Mutter und Leontine Goldschmidts Vater.

Sitz der Stiftung und des Museums ist das Palais Weimar, eine der ältesten Stadtresidenzen Heidelbergs. Um 1710 erbaut, blickt das barocke Palais zwischen der Hauptstraße und dem Neckar auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Benannt nach seinem letzten Besitzer, dem Prinzen Wilhelm von Sachsen-Weimar-Eisenach, wurde es 1921 von den Stiftungsgründern Victor Goldschmidt und Leontine Goldschmidt erworben.

Sie brachten ihre umfangreichen privaten Sammlungen an europäischer und außereuropäischer Kunst und Ethnographica in die Stiftung ein, im Palais Weimar unter und beabsichtigten so, die Forschungstätigkeiten der von ihnen ins Leben gerufenen wissenschaftlichen Einrichtungen dauerhaft zu gewährleisten. Damit stehen sie in der großen Tradition der jüdischen Kunst- und Wissenschaftsförderung in Deutschland.

Von diesen Einrichtungen hat nur das Ethnographische Institut die NS-Zeit überlebt, das heute als Völkerkundemuseum weiterbesteht. Trotz der beträchtlichen materiellen und immateriellen Schäden, die die Zeit des Nationalsozialismus an der Stiftung und den Sammlungen hinterließ, verfügt das Völkerkundemuseum über hervorragende Bestände. Neben historischen Fotografien und Handschriften umfassen sie erlesene Kunstwerke und ethnographische Objekte aus Asien, Afrika und Ozeanien, die in den vergangenen Jahrzehnten durch gezielte Zukäufe und umfangreiche Schenkungen erweitert wurden. Diese Sammlungen sind heute nicht nur die Basis für die aktuelle museale Arbeit, sondern auch eine wesentliche Arbeitsgrundlage für Wissenschaftler aus aller Welt.

In wechselnden Ausstellungen werden anhand ausgewählter Themen Aspekte zu Kunst und Kultur aus verschiedenen Regionen präsentiert.

In den 1980er Jahren wurde das Haupthaus durch einen modernen Annex erweitert. In den Arkaden am Neckarmünzplatz ist die Bootssammlung des Museums zu sehen.

Victor Goldschmidt sah sich, obwohl er getauft war, aufgrund seiner jüdischen Herkunft gezwungen, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 nach Österreich zu emigrieren. Er verstarb während eines Kuraufenthaltes am 8. Mai 1933 in Salzburg. Er fand seine letzte Ruhe in Heidelberg, der Stätte seines wissenschaftlichen Wirkens und des Verbleibs seines Lebenswerkes. Sein Grab befindet sich auf dem Bergfriedhof in Heidelberg.

Leontine Goldschmidt wählte am 25. August 1942 den Freitod, nachdem sie von ihrer anstehenden Deportation nach Theresienstadt erfahren hatte.

Stolpersteine in Heidelberg

Stolpersteine in Heidelberg für Familie Durlacher
Stolpersteine in Heidelberg für Familie Durlacher

2010 wurde in Heidelberg nach jahrelangen Diskussionen mit der Erstverlegung von sogenannten „Stolpersteinen“ begonnen.

Nach weiteren Verlegungen im gesamten Stadtgebiet zählt man derzeit mehr als 200 Steine (Stand: 2020), die Opfern der NS-Gewaltherrschaft gewidmet sind, vor allem Juden. 

Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg© Steffen Schmid / Heidelberg Marketing GmbH
Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg

Die Hochschule für Jüdische Studien ist größter europäischer Standort der Jüdischen Studien - im Verbund mit den Geistes- und Sozialwissenschaften in Heidelberg und anderen Kooperationspartnern. Sie ist akademischer Lehr- und Lernort für jüdische und nicht-jüdische Studierende.

1979 beschloss das Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland die Errichtung einer Jüdischen Theologischen Hochschule in Heidelberg. Zwei Jahre später erfolgte die staatliche Anerkennung; damit war die Basis für die Eigenständigkeit des damals in Deutschland einzigartigen Studiengangs gelegt. Mit Erlangung des Promotionsrechtes 1995 ist die Hochschule für Jüdische Studien endgültig in der akademischen Landschaft Deutschlands etabliert.

Seit 2001 besitzt die Hochschule als erste Institution in der Geschichte Deutschlands das Recht zur Ausbildung jüdischer Religionslehrer.

2009 wurde der Neubau der Hochschule für Jüdische Studien fertiggestellt.

Sie benutzen offenbar den Internet Explorer von Microsoft als Webbrowser, um sich unsere Internetseite anzusehen.

Aus Gründen der Funktionalität und Sicherheit empfehlen wir dringend, einen aktuellen Webbrowser wie Firefox, Chrome, Safari, Opera oder Edge zu nutzen. Der Internet Explorer zeigt nicht alle Inhalte unserer Internetseite korrekt an und bietet nicht alle ihre Funktionen.