Wenn Waving The Guns Konzerte geben, wird die textliche Spannbreite von bewusst stumpf bis unverkrampft tiefgründig einmal ausgeschöpft. Eine WTG-Show ist niemals eintönig oder beliebig, sondern hat eine eigene musikalische und inhaltliche Dramaturgie. Was die Live-Fähigkeiten betrifft, muss sich hinter niemandem versteckt werden. Humor ist dabei immer vorhanden, mal mehr und mal weniger subtil. Kommentare und Gedanken zum Zeitgeschehen werden mit Battle-Rap-Attitüde transportiert und auch, wenn die politische Haltung stets klar ist, stehen Witz und Entertainment immer an erster Stelle. Vermeintliche Grenzen durch Abgrenzungen werden gesprengt, wenn WTG ihr in vielerlei Hinsicht heterogenes Publikum in der Begeisterung für die Band einen. Dabei sollte sich niemand zu sicher sein, nicht doch Ziel eines Seitenhiebes zu werden, denn zum Crowdpleasing gehört hier auch das augenzwinkernde Aufs-Korn-Nehmen. Fallen lassen sollen sich alle, denkfaul werden darf aber niemand. Die Rostocker haben sich in mehr als zehn Jahren, ohne plötzlichen Hype oder musikalische Strohfeuer, eine stabile Fanbase erspielt, und für nicht wenige Menschen spielen sie eine wichtige Rolle in der musikalisch-politischen Sozialisation. Statt sich darauf auszuruhen, entwickeln sie das eigene Projekt konstant organisch weiter, ohne irgendetwas zwanghaft anders machen zu wollen. Bodenständigkeit, ohne hängengeblieben zu sein, Attitüde und Selbstbewusstsein ohne Selbstüberhöhung, wortgewandte Kritik, die auch vor sich selbst nicht Halt macht und spürbare Liebe für die Sache – WTG sind die maskierte Antithese zur Hybris des schnelllebigen Musikgeschäfts.
Foto: BRYCK
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